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Kloster Fünfbrunnen (Cinqfontaines)
Ansicht des Klostergeländes Fünfbrunnen (Postkarte), vor 1940 © Privatsammlung Marc Schoentgen
Erinnerungsort und Bildungszentrum Fünfbrunnen
Ab 1906 befand sich in Fünfbrunnen (fr. Cinqfontaines), nahe Ulflingen (fr. Troisvierges) im Norden Luxemburgs, ein Kloster des Herz-Jesu-Ordens. Es diente als Noviziat und Missionarsschule für angehende Ordensmitglieder.
Im Mai 1940 wurde Luxemburg von den Nationalsozialisten besetzt. Diese vertrieben 1941 die Priester aus dem Kloster und richteten dort einen Internierungsort, der von den Nazis als „Jüdisches Altersheim“ bezeichnet wurde, für in Luxemburg lebende Juden und Jüdinnen ein. Der Ort Fünfbrunnen spielte somit eine zentrale Rolle für die antijüdische Politik im besetzten Luxemburg. Dort wurden vor allem alte und kranke Menschen – betreut von jüngeren Insassen und Insassinnen –, denen es nicht möglich gewesen war, auszuwandern, interniert. Die Gestapo stellte das „Heim“ unter Selbstverwaltung, führte jedoch Kontrollbesuche durch. Geleitet wurde es u. a. von Hugo Heumann und seiner Frau Selma Heumann-Dalberg, die in den 1930er Jahren aus Deutschland nach Luxemburg geflüchtet waren. Im „Heim“, das weder von Zäunen noch Mauern umgeben war, lebten die Juden und Jüdinnen unter menschenunwürdigen Verhältnissen. Zeitweise befanden sich dort etwa 150 Personen, ausgelegt war das frühere Kloster jedoch nur für 50 Menschen. Neben der räumlichen Enge prägten eine schlechte Lebensmittelversorgung und Krankheiten den Alltag der Insassen und Insassinnen.
Von August 1941 bis zur Auflösung im April 1943 waren insgesamt etwa 300 Juden und Jüdinnen im „Heim“ interniert. Mindestens 220 von ihnen wurden in Ghettos sowie Konzentrations- und Vernichtungslager im besetzten Osteuropa deportiert – die meisten in das KZ Theresienstadt bei Prag. Von diesen wiederum überlebten nur rund zwanzig die Shoah.Von 1954 bis 2021 wurde Fünfbrunnen wieder als Kloster des Herz-Jesu-Ordens genutzt. 1969 wurde ein Denkmal für die Shoah-Opfer Luxemburgs in Fünfbrunnen eingeweiht. Seitdem findet dort jedes Jahr im Juli eine Gedenkfeier statt.
Seit 2020 ist das Klostergelände in staatlichem Besitz und seit 2022 befindet sich in Fünfbrunnen ein Erinnerungs- und Bildungszentrum, das u. a. folgende Zielsetzungen verfolgt: Vermittlung der Geschichte der Shoah (in Luxemburg), Bekämpfung von Antisemitismus und Rassismus sowie Menschenrechtsbildung.
Die Aktivitäten, Workshops und Führungen, die sich an Kinder, Jugendliche und Erwachsene richten, werden vom Service national de la jeunesse (SNJ) und dem Zentrum fir politesch Bildung (ZpB) angeboten. Eine Übersicht des Angebots findet sich auf der Website des Bildungszentrums: https://cinqfontaines.lu/offer/
Seit Oktober 2022 erinnert ein frei zugänglicher Rundgang anhand von Informationstafeln an die Geschichte des Klosters und des „Jüdischen Altersheims“.
Kontaktdaten
Centre Cinqfontaines |
Tel.: 00352 247 95149 |
2, Klousterstrooss |
|
L-9902 Cinqfontaines |
Verwendete Literatur
- Hugo Heumann: Erlebtes-Erlittenes. Von Mönchengladbach über Luxemburg nach Theresienstadt. Tagebuch eines deutsch-jüdischen Emigranten, hrsg. v. Germaine Goetzinger/Marc Schoentgen, Mersch 2007. (wichtigste Quelle zum „Jüdischen Altersheim Fünfbrunnen“)
- Marc Schoentgen: Das „Jüdische Altersheim“ in Fünfbrunnen, in: Wolfgang Benz/Barbara Distel (Hrsg.): Terror im Westen. Nationalsozialistische Lager in den Niederlanden, Belgien und Luxemburg 1940–1945, Berlin 2004, S. 49–71.
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