Denting - Arbeitskommando und Lager Ban Saint-Jean

Ban Saint Jean – Kriegsgefangenenlager Stalag XII F

Ban Saint Jean (militärische Bezeichnung Stalag XII F) war ein deutsches Kriegsgefangenenlager, das 1940 auf einem französischen Kasernengelände fünf Kilometer entfernt vom Bahnhof in Boulay errichtet wurde. Die Ruinen der Offiziershäuser, nach deren Rosengärten man den Komplex auch „die Rose der Maginot-Linie“ nannte, sieht man zu Teilen heute noch. Die französische Armee nutze das Gelände nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs als Versorgungslager für die nahe gelegene Bunkerkette der Maginot-Linie (Verteidigungsanlage).

Nachdem Frankreich kapitulieren musste, wurde das Lager von den Nationalsozialisten übernommen. Zu Beginn wurden hier französische Kriegsgefangene festgehalten. Unter ihnen auch der spätere französische Staatspräsident François Mitterand. Im Sommer 1941 begannen nach dem Überfall der Wehrmacht auf die Sowjetunion die Transporte russischer und ukrainischer Kriegsgefangener ins Deutsche Reich. Millionen Menschen wurden auf diese Weise ins Deutsche Reich verschleppt. Wie viele Kriegsgefangene im Lager Ban Saint Jean waren, ist heute nicht ganz geklärt. Auf der Website der „Association Franco-Ukrainienne pour la réhabitilation du charnier du Ban Saint Jean“ (kurz: AFU), die sich heute um die Aufklärung und Erinnerung an diesen Ort der Nazi-Barbarei kümmert, wird von 300.000 bis 320.000 sowjetischen Kriegsgefangenen berichtet.

Nach oft tagelangem Transport kamen sie mit dem Zug in Boulay an und mussten dann zu Fuß ins fünf Kilometer entfernte Lager laufen. Viele Kriegsgefangene überlebten bereits diesen Transport nicht. Einige von Ihnen wurden später auf dem sowjetischen Ehrenfriedhof in Boulay bestattet. Diejenigen, die es ins Lager schafften, wurden in Arbeitskommandos eingeteilt und mussten Zwangsarbeit in Industriebetrieben und Bergwerken in der Umgebung leisten. Viele der Betriebe lagen im Saarland, so z.B. die Röchlingschen Stahlwerke bei Völklingen, Villeroy & Boch in Merzig, aber auch die vielen Bergwerke im Saarland. Viele Insassen des Stalag XII F waren allerdings so schwer krank oder durch die Unterernährung entkräftet, dass sie im Lager starben. Die miserablen Hygiene- und Ernährungslage im Lager trugen ihr Übriges dazu bei. Andere wurden dort auch ermordet. Aus Berichten geht hervor, dass teilweise 300 Männer täglich im Lager ums Leben kamen. Insgesamt wird heute von 23.000 Todesopfern ausgegangen, wobei es eine große Debatte um die tatsächlichen Todeszahlen gibt. Viele der Todesopfer wurden in Massengräbern auf dem Lagergelände bestattet.

Nach der Befreiung durch amerikanische Truppen im Jahr 1944 wurde das Lager lange Zeit weiter militärisch genutzt. Die meisten Teile des Lagers sind heute nicht mehr öffentlich zugänglich.

Im Jahr 2000 wollte die Gemeinde Denting, der das Areal gehört, auf einem Teil des Geländes eine Anlage bauen, die zur Verbrennung von Klärschlamm genutzt werden sollte. Gabriel Becker, der später Vorsitzender der AFU wurde, wehrte sich gemeinsam mit weiteren Menschen aus der Zivilbevölkerung gegen diese Pläne und machte auf die historische Bedeutung dieses Ortes und die vielen Massengräber aufmerksam, die dort wahrscheinlich noch vorzufinden sind. Es gab öffentliche Versammlungen, Petitionen und Demonstrationen, die schließlich dazu führten, dass die Baupläne gestoppt wurden. 2004 gründete sich dann der Verein „Association Franco-Ukrainienne pour la réhabitilation du charnier du Ban Saint Jean“, der sich seither für diesen Ort einsetzt. 2012 wurde eine Erinnerungsstele errichtet. Seit 2014 gibt es einen Bildungsweg mit Tafeln, die in französischer, deutscher, russischer und ukrainischer Sprache über die Geschichte des Lagers informieren. Zudem werden jährlich Gedenkveranstaltungen abgehalten und Vorträge und Konferenzen organisiert. Im März 2022 kamen zudem über 250 Menschen auf dem Areal zusammen um gegen den Krieg in der Ukraine zu demonstrieren.

Leider sind die meisten Informationen zum Lager nur in französischer Sprache verfügbar, so auch die Website der AFU, auf der viele Informationen, Bilder und Videos zur Geschichte des Lagers zu finden sind. Mit der Übersetzungsfunktion von „Google“ sind die Inhalte aber gut verständlich. Hier geht’s zur Website der AFU: http://ban-saint-jean.fr/

Videos zu Ban Saint Jean:

Verwendete Quellen:

  • Dieter Gräbner, Ein fast vergessenes Kriegsgefangenenlager, in: Saarbrücker Zeitung, vom 1./2./3./ Oktober 2011, S. E8.
  • Website der AFU: http://ban-saint-jean.fr/ (letzter Aufruf: 16.03.2022)

 

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